Das altgriechische Harmonie- und TonsystemEin kurzer Überblickvon Helmut BrandWichtige Quellen für das antike Tonsystem: -Aristoxenos, Euklides, Klemeides, Aristides Quintilianus, v.a. Alypios und Bellermannsche Anonymus (= spätantiker Traktat unbek. Autoren, zuerst editiert und hrsg. von Bellermann 1841) Begriffe der Harmonik
Die Gesangsbegleitung war proschordeon, d. h. unisono, es gibt keine Hinweise für Polyphonie in der altgriechischen Musik. Intervalle: Das kleinste symphone (wörtlich: zusammenklingende) Intervall ist die Quart, darauf folgen die Quint, die Oktave, die Oktave + Quart, die Oktave +Quint und die Doppeloktave. Der Unterschied zwischen Quint und Quart beträgt einen Ganzton. Die Quart ist die Begrenzung des Tetrachords. Unter einem Tetrachord versteht man ein Viertonreihe. Sie war das wichtigste, aber nicht das alleinige Grundelement der griechischen Harmonie. Zwischen dem Quartintervall liegen zwei Ganztön und ein Halbton. Tongeschlechter Es gab drei Tongeschlechter (Beispiele in moderner Notation in Klammern):
(Meist wird die dorische Tongattung zugrunde gelegt) Systeme sind zusammengesetzt aus drei, vier oder fünf Tetrachorden, meist
ist der unterste Ton der höchste des folgenden Tetrachords. Daraus ergibt sich
die Abfolge von sieben Tönen. Bei größeren Systemen wird ein Ton (proslambanomenos
= hinzugekommener) da zwischengefügt. Die Töne innerhalb des Tetrachords heißen hypate (oberster), parhypate (neben dem obersten), lichanos (Zeigefinger) der 2. Ton des Tetrachords hypaton heißt hypate prosypate. Ein Pyknon ist die Zusammendrängung der drei unteren Töne eines Tetrachords. Modoi sind nach griechischen und kleinasiatischen Stämmen benannt. Phryger, Lyder und Dorer werden schon bei Alkmann (650-600) mit Musik verbunden. Nach antike Erklärung gibt die Stimmung den Charakter eines Stammes wider. Die Höhe der Mese gibt den Modus an.
Transpositionsskalen der von Kleoneides (einem ansonsten wenig bekanntem antiken Schriftsteller) überlieferten Tonoi (nach A. Neubecker, Altgriechische Musik [1977] 108). Begriffe der Tonführung/Komposition
Die Wortakzente hatten eine Auswirkung auf die Melodie. Die Sprechstimme bewegt sich innerhalb einer Quinte, der Akut wird eine Quint höher gesprochen als die unbetonte Silbe (laut Dionys von Halikarnass). In gesungenem Text ist dies zuweilen umgekehrt (z. B. bei Euripides, Orestes) Musik und Mathematik Im späten 6. Jh. soll Pythagoras auf einem Monochord (= Kanon) Versuche angestellt haben, indem er versuchte, das Verhältnis der Töne zueinander mathematisch zu fassen. Mehr Informationen zum Monochord hier (PDF-Datei).
Intervalle müssen immer überteilig (x:x+1) oder vielfach: x:2x, x: 3x usw. sein 9:8 = Ganzton 4:3 = Quart 3:2 = Quint 2:1 = Oktave Es entsteht das Problem, daß sechs Ganztöne größer sind als eine Oktave (--> pythagoräisches Komma). Notenschrift Der früheste Hinweis auf eine schriftlich fixierte Musik stammt aus der ersten Hälfte des 5. Jh. v. Chr. Von Pindar wird berichtet, daß er um 470 Lieder an König Hieron auf Sizilien geschickt habe. Für die Frühzeit müssen wir von einer oralen Tradierung der Lieder ausgehenDie wichtigste Quelle für die antike Notenschrift stammt von Alypios, einem wohl in das 4. Jh. n. Chr. zu datierenden Schriftsteller, der Transpositionsskalen in diatonischer, enharmonischer und chromatischer Form niedergeschrieben hat. Eine ergänzende Überlieferung stammt von Aristides Quintilianus. Einige Besonderheiten der altgriechischen Notenschrift: Es existiert jeweils eine eigene Notenschrift für Gesangs- und Instrumentalnoten. Die Vokalnotenschrift verwendet altionische Zeichen, die ältere Intrumentalnotenschrift altdorische Zeichen. Jedes Zeichen kommt in normaler, liegender und spiegelverkehrter Form vor. Dadurch werden Erhöhungen des Grundtons angegeben. Gesangsnoten stehen nur über der ersten Silbe, falls die folgenden nicht anders gesungen werden. Wenn auf einen Vokal mehrere Noten gesungen werden, wird der Vokal wiederholt. Rhythmische Zeichen sind durch den Bellermannschen Anonymus überliefert und werden auf fast allen Dokumenten verwendet ___ 2-zeitige Länge |__ 3-zeitige Länge |__| 4-zeitige Länge |_|_| 5-zeitige Länge Ähnliche Zeichen gab es für Pausen. Kürzen sind nicht bezeichnet.Ein "+" oder "c" zwischen gleichen Noten war möglicherweise ein Hinweis auf ein Stakkato. Noten sind überliefert auf folgenden Denkmälern (Zahlen aus A. Neubecker, Altgriechische Musik [1977] 146 ff.) - Handschriften und Drucken (14) - Inschriften (Seikilos-Stele und Athenerschatzhaus in Delphi [um 138 v. Chr.]) (2) - Papyri (22) Anmerkung: Die modernen Notationswerte sind Annäherungswerte. Falls Sie von einer Suchmaschine hierher geleitet wurden, klicken Sie hier, um zur Startseite zu gelangen.
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